Wiedereröffnung der Neuapostolischen Kirche Wernigerode

Nach einem Jahr Bauzeit konnte eine neue Gemeinde, bestehend aus Schwestern und Brüdern der bisherigen Gemeinden Ilsenburg, Wernigerode und Elbingerode eine rundum erneuerte Kirche mit erweiterten Räumlichkeiten beziehen. Am Sonntag, dem 15. Oktober, fanden die Feierlichkeiten um die Wiedereröffnung des Kirchengebäudes mit einem Festgottesdienst ihren Höhepunkt.

Bereits zwei Wochen zuvor veranstalteten die Chöre und Instrumentalisten ein Ernte-Dank-Konzert in der Wernigeröder Sylvestrikirche. Dieses war neben dem zentralen Gedanken des Erntedanks als besonderes Dankeschön an die evangelische Gemeinde St. Sylvestri und Liebfrauen gerichtet, welche der Gemeinde in den vergangenen 12 Monaten die Durchführung der Sonntagsgottesdienste zunächst in der Liebfrauen- und ab Mai in der Sylvestrikirche - und damit vor Ort - ermöglichten. Dieser Dank wurde nicht nur durch die gelungenen Darbietungen, sondern auch mit einer Spende über 2.000 Euro zur Sanierung der Orgel in der Liebfrauenkirche unterstrichen. Der Wunsch nach einer Fortsetzung der in den letzten Monaten entstandenen Verbindungen wurde allseits bekundet.

Am Mittwoch- und Donnerstagabend vor der Eröffnung der neuen Kirche in Wernigerode fanden die letzten Gottesdienste in den Kirchen Elbingerode mit Bischof Matthes und Ilsenburg mit Apostel Korbien statt. In beiden Gottesdiensten wurde der Geschichte der beiden Gemeinden gedacht: In Elbingerode fanden seit 95 Jahren Gottesdienste statt, Ilsenburg zählt mit 152 Jahren zu den ältesten Gemeinden überhaupt. Apostel Korbien und Bischof Matthes hoben die unzähligen Verdienste, Mühen und Aufwendungen aus den vergangenen Jahrzehnten hervor und lenkten den Blick auf die über die Schließung der Räumlichkeiten hinaus bleibenden Werte. Alle Wehmut und Trauer möge eine dankbare Grundhaltung Gott gegenüber nicht erschüttern. Beide Gemeinden wirken mit ihren Gaben in der neuen Gemeinde fort. Apostel Korbien veranschaulichte dies mit dem Bild des Verpflanzens der Gemeinde zum guten Gedeihen an einen neuen Ort und schloss mit dem Liedvers:

Kein Wörtlein geht verloren, das liebend du gestreut,
und trägt es früh nicht Früchte, so doch zu seiner Zeit.
Hab nur Geduld, o Seele, und säe mutig fort;
du findest reiche Ernte, und wenn nicht hier, dann dort.
Die Ernte reicht hinüber bis in die Ewigkeit.

Drum säe, liebe Seele, und nütz die Gnadenzeit.

(Gustav Mankel, nach Otto de Lamboy)

In der neuen Kirche Wernigerode begrüßte Marc Loose als Vertreter der NAK-Bauabteilung am Samstagmorgen die vielen Geschwister und Gäste zum feierlichen Festakt und gab einen kurzen Überblick auf die Zeit von der Idee bis zur Fertigstellung des Bauprojekts. Die frühen Planungen reichen bis ins Jahr 2009 zurück, als eine kircheninterne Förderkommission erstmalig Neubauten gebietskirchenübergreifend unterstützte, vorwiegend die Gebietskirchen Süddeutschland, Westdeutschland und die Schweiz. Für das unter Denkmalschutz stehende Kirchengebäude in Wernigerode erwies es sich als unschätzbares Glück, dass die Förderung auch auf ein bestehendes Gebäude und entsprechende Erweiterungen zugelassen wurde. Um den Anforderungen einer neuen, dann größeren Gemeinde Wernigerode gerecht zu werden, wurden unter Gesamtkosten von 1,6 Mio. Euro die Räumlichkeiten um einen parallel verlaufenden Anbau für einen neuen barrierefreien Zugang, eine Sakristei und sanitären Anlagen erweitert. Die übrigen Investitionen dienten einer umfangreichen Renovierung und Erneuerung des Bestands – von der Heizungsanlage über moderne Technik bis hin zu den umfangreichen Holzaufarbeitungen der Kirchenbänke und Fenster. Nicht zuletzt die Orgel, welche für die Bauarbeiten aus dem Gebäude ausgelagert und in den letzten acht Wochen wieder aufgebaut und instand gesetzt wurde. Architekt Sven Martens erläuterte die zugrundeliegenden Überlegungen der Rekonstruktion und Erweiterung und bekundete, wie ihn dieses Kleinod von Anfang an beeindruckt habe. Ziel sei es gewesen, neben den notwendigen Anpassungen des Bestands an zeitgemäße Anforderungen, dem bisherigen Kirchengebäude „als einer alten Dame aus den 20ern“ mit dem Anbau „einen jungen Gefährten an die Seite zu stellen“. Dabei soll Altes und Neues zwar erkennbar, jedoch nicht abgrenzend, sondern harmonisch zueinander empfunden werden. Generalbauunternehmer Peter Schmidt ließ die zurückliegenden Bauarbeiten Revue passieren und bedankte sich für das entgegengebrachte Vertrauen, aber auch für die allzeit angenehme und freundliche Atmosphäre auf der Baustelle im sonst eher rauen Baualltag. Anschließend überreichte er das Gebäude der Kirchenleitung symbolisch mit einem großen Holzschlüssel und wünschte der Gemeinde viel Freude in ihrem neuen Zuhause.

Der Sonntagmorgen erwies sich als erster Belastungstest an die neue Raumkapazität – knapp 300 Geschwister und Gäste waren zum Eröffnungsgottesdienst versammelt. Apostel Jens Korbien legte diesem das Wort aus 2. Korinther 9, 8 zugrunde:

„Gott aber kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen allezeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk.“

Mit dem Lied „Locus iste“ von Anton Bruckner – einst selbst für eine Kirchweihe komponiert – leitete der Chor die Predigt feierlich ein. Auch wenn das Gebäude für die Bauphase nicht entweiht worden war, dankte der Apostel in einem besonderen Gebet für das in den vergangenen Monaten Erreichte und bat um einen besonderen Segen für den Wiederbezug an geweihter Stätte. Bezugnehmend auf das Bibelwort beleuchtete der Apostel zunächst die Genügsamkeit des Menschen, welche er letztlich ein stückweit selbst in der Hand habe. Mögen wir trotz manch nachvollziehbarem Wunsch an den Herrn darauf vertrauen, dass er das gibt, was uns zum Heil dient. Überzogene Ansprüche an ein Gemeindeleben, an die Amtsbrüder oder an uns selbst können als ungenügend empfunden werden und unzufrieden machen. Apostel Paulus erhielt diesbezüglich von Gott die Antwort, sich an seiner Gnade genügen zu lassen (vgl. 2. Kor. 12,9). Dankbarkeit an der Gnade Gottes führt zur Genügsamkeit. Diese Gnade als Reichtum zu empfinden, befähigt dazu, gute Werke zu vollbringen. Zu diesem Reichtum zählt ebenso ein lebendiger Glaube an Gottes Verheißungen. Der Apostel forderte die Gemeinde auf, aus diesem Reichtum heraus freudig und fröhlich gute Werke im Sinn Christi zu vollbringen.

Besondere Freude lag den Handlungen vor und nach dem Heiligen Abendmahl zugrunde: Zwei der jüngsten Gemeindemitglieder empfingen das Sakrament der Heiligen Versiegelung und ein Eisernes Jubelpaar den Segen anlässlich seines 65-jährigen Ehejubiläums.

Die neue Gemeinde Wernigerode blickt dankbar auf ein wunderbares Festwochenende zurück und wird sich nun – nach der Fertigstellung des äußeren Kirchengebäudes – im Vertrauen auf Gottes Hilfe der Arbeit im neuen Miteinander widmen.